STUDENTIKA

Europas wilde Kornelkirsche.


Die Legende, das Holz, der Stock.

STUDENTIKA 

Wer mit dem Wörtchen Studentika die Suchmaschienen füttert, wird unweigerlich über Unmengen historischer Artikel stoßen. Mit etwas Glück auch über einen der geschichtsträchtigen Ziegenhainer Stöcke. Meine Ersthilfe war das Jahrbuch für corpsstudentische Geschichtsforschung e.V, Band 60. Dort werden auf den Seiten 35 bis 37 ähnliche Stücke gezeigt. Die studentischen Kornelkirschenstöcke wurden in der Regel mit einer Widmung verziert, der Dedikation. Üblich, hinter dem Namen ein monogrammartiges Siegel, den Zirkel einschneiden zu lassen. 

ZIRKEL

ZIRKEL

ZIRKEL

Es gibt je nach Niederlassung herkunftsbezogene Schreibweisen. Gelesen wird der Corpsname, hier höchstwahrscheinlich Guestphalia. Den Nachsuchen zum Trotz, veränderte sich dieses Erkennungsmerkmal mit den Jahren aus vielfältigsten Anlässen. Mangels Erfahrung suchte ich zuerst nach den Univesitäten, wie Greifswald, Göttigen und Gießen. In der Lesart berichtigt worden, nach Guesthalia, Germania, und Ghibellina. Ebenso durchsucht wurden die Gothaer, eine Tiroler Verbindung und trotzdem auch nach Graz geschaut. Der vermeintlicher Volltreffer auf Guestphalia Jena erwies sich leider nur als ein touristisches Postkarten Ensamble, beziehungsweise ließ die digitale Vergrößerung keinen punktgenauen Rückschluss zu.

WESTFALEN

Mehreren Westfälischen Corpszirkeln ist der siebente Buchstabe unseres Alphabets zu eigen. Die Jenaer Westfalen hatten unten im geschwungenen Bogen des G's einen kleinen Querstrich. Ein bedeutender Unterschied wie das bestimmende Komma in unserer deutschen Grammatik. Bei den Würzburgern fehlt dieser kleine Haken ebenso wie bei den Marburgern und Heidelbergern. Der alte abgelegte Hallenser Guestphalen Zirkel gefunden wie auf dem Holz, er wurde von den Jenaern offensichtlich minimal verändert aufgegriffen.

IDENTIFIKATION

Namen, Studienort und die dazu passenden Zirkel können online für private Zwecke, auf den "Kösener Korpslisten von 1798 bis 1910" eingesehen werden. Für diesen Zeitraum wurden in dem tausendseitigen Werk auch die Zirkel inklusive ihrer Veränderungen eingetragen. Manche Corps existierten Jahre, einige nur einige Wochen. Ein Student der einem der Männerbünde beitrat, durchstand seine Probezeit, wurde angenommen und entwickelte sich. Wenn auch bei ausländischen Besuchern, da sichtbare Zeichen seine Wange hinzuhalten, für den anderen und die Gemeinschaft, biblisch durchaus korrekt, das blanke Entsetzen hervorrief. 

DATEN

Auf dem einteiligen Schuss, schräg nach unten umlaufend, die eingeschnitte Dedikation.K.-H. Hiby  s.l.Lbf. H.-E. Klimpel,  Weihn. 19 RC 32. Den Namen korrekt hintenan gestellt der Zirkel. Die Länge über alles beträgt 89 cm. Am Griff misst der Durchmesser 29 mm, dieser verjüngt sich bis zur eisernen Stockkapsel auf 19 mm. Das Gesamtgewicht beträgt 450 Gramm.

Nach Abnahme von diversen Ablagen und den historischen Lack zeigte die Oberfläche des Kornelkirschenholzes, sämtliche Eigenheiten auf, welche die Kornelkirsche bei den verschiedenen Arbeitsgängen allergisch reagiert. Also Risse, Verbrennungen, Stauchung und so weiter. Meinem Forscherdrang sei es geschuldet.

INKOGNOTO

Laut genealogischen Daten ist der Nachname Hiby ist auch heute noch in Nordrhein - Westfalen am dichteten gedrängt beheimatet. Dieses Indiz deckt sich mit dem oben gezeigten Zirkel. Der Widmungsort RP benennt die Ruperto Carola in Heidelberg und ist nicht weit von einem  bestimmten Familienzweig entfernt, welcher als stille Größe am unternehmerischen Sternenhimmel glänzt. Jeder der einen Zapfhahn in den Tank seines Wagens steckt, bedient sich der patentierten Familientechnologie aus vierundvierzig Teilen.

Eine Namenssuche ergab, dass die kunstsinnige Julie Hiby, ehemalige Meisterschülerin von Clara Schumann ein Bronce - Grabmal für ihren verstorbenen Gatten in Auftrag gegeben hatte. Erst Schrottdiebe sorgten vor nicht all zu langer Zeit für Aufsehen erregende Schlagzeilen. Die Wiederherstellung und Sicherung der Neuanlage wurde auf  vierzigtausend Euro geschätzt. Eine Stiftung der Familie wollte die Wiederherstellung mittragen, doch allein gelassen zog diese sich wieder zurück. 

FUNDORT

Klimpel ist am häufigsten in der Hauptstadt Berlin vertreten. So die genealogischen Suchdienste. Dort ist auch der Ziegenhainer Stock bei einer Haushaltsauflösung aufgetaucht. Das war so um 1980. Laut Bautechnologie wird als Klimpel der zylindrische Klüpfel des Steinmetzes bezeichnet. Bei der Arbeit zwecks gleichmäßiger Abnutzung wird dieser hölzerne Schlägel gleichmäßig in der Hand gedreht. Der Name selbst entstammt eines böhmischen Hussiten Bruders. Bereits im Mittelalter wich dieser westwärts nach Preussen aus. Die besten Klüpfel der Steinmetze bestanden einst aus Kornelkirschenholz. Versuche diesbezüglich haben erst kürzlich stattgefunden. 

BERGKRISTALL


Der Richtigkeit halber ... alle Identifikationsmerkmale der "Jenschen"  Westfalen in voller Pracht.


Die wunderschönen Couleurs der Korporation in gün, weiß und schwarz auf silber.


Dazu auch linksseitig auf dem üppigem Wappen das Credo welches um den Zirkel drumherum drapiert wurde.


"Fortune juvat audacem" was soviel bedeutet wie "Der Kühne wird vom Glück begünstigt."


Rechtsseitig, zwischen den gekreuzten Klingen, die neuen Gründungsdaten nach dem Befreiungskriege gegen Napoleon.


Darüber das Westfalenpferd. 

Bildquelle

BERGKRISTALL, mit freundlicher Genehmigung von Hans-Joachim Loose, Sankt Augustin.

Danksagungen

Im August 2022 konnte der Kornelkirschenstab in Berlin aufgekauft werden. Dieses Ziegenhainer Artefakt wurde unseren Lesern großzügigerweise von Dr. Elias Flatscher aus dem schweizerischen Basel zur Verfügung gestellt.

Die aktuellen Einschätzungen dazu entstammen der Feder von Hans-Joachim Loose in Sankt Augustin, Deutschland. Der Dipl.-Ing. VDE und Studiendirektor i. R., dessen spezielles Studentika-Wissen dem einer Bibliothek gleicht kommt.

Auch der Archivar der Uni Heidelberg sei bedacht. Leider konnte er keinen Hiby in seinen Archiven eruieren. Der direkte Kontakt wurde von Seiten Dritter direkt vermittelt.

HUSARENSTÜCK

Eine der weniger bekannten Geschichten aus dem Befreiungskrieg. Einige Studenten hängten sich lange Mäntel um und stiegen mit Wäschestangen bewaffnet auf die noch wenigen vorhandenen Pferde. Als volumiöse Kopfbedeckung entfremdeten sie halbwegs passende Weidenkörbe. Gespenstisch miemten sie Kosaken. Die vermeintlichen Patroullien auf den Bergkämmen Jenas verhießen nichts Gutes. Die anrückenden französischen Truppen, eigentlich auf Quartier hoffent, ergriff angesichts der Schatterisse die Hasenpanier. Sie entkamen durchs Mühltal gegen Weimar. Napoleon schon dort und über das volle Ausmaß unterrichtet, war außer sich.

FOLGENSCHWERE

Die Stadt war dem Untergang geweiht. Das Städtchen Jena vollkommen zu pulverisieren stand auf dem Plan. Nicht nur der dumme Jungen Streich sondern das örtlich - studentische Korps wurde für erhebliche Kriegsschäden verantwortlich gemacht. Doch es sollte anders kommen. Ehrenhalber wurde das rigorose Vorhaben der Einäscherung abgesetzt.
 
Napoléon Bonaparte erlag schlussendlich der Faszination von studentischen Verbindungen. Dem Parlamentär wurde ein Denkmal gesetzt. Es steht bis heute gut sichtbar als Forstturm auf einem der erhöhten Talhänge, welche die Stadt nahezu komplett umschließen. Das Fundament des Mittelsmannes ruht lediglich auf den nachfolgenden Satz, "Die Burschen standen in beiden Fällen für ihr Vaterland ein, so wie es ein jeder gute Franzose getan hätte."

EPILOG 


Ab dem 10. März 1841 stand dieser Zirkel für die Zugehörigkeit der Westfalen an der Jenaer Uni. Von 14. Februar 1819 bis zum 17. Juli 1840 wurde eben dieser Zirkel jedoch die Westfalen der Uni Halle zugeschrieben. Nachzusehen auf der Seite 384 im Corpsarchiv. Soweit meine Einsichten.

Heidelberg hatte erst ab dem 10 Mai 1840 den Unterschied mit einem durchgehenden Strich durch den Oberen Bogen des G's gemacht. Das Ausrufezeichen ist geradlinig. In den nahe stehenden Zirkeln war oder ist das kleine v für vivat dem C rechtsseitig anhängig. Dahinter das Ausrufezeichen.