PROJEKT(E)

Europas wilde Kornelkirsche.


Die Legende, das Holz, der Stock.

FILM BOKKEN

Lange schon beschäftige ich mich damit, die eine oder andere Filmrequisite nachzubauen und dann etwas unortodox an den Mann zu bringen. Bis dato wusste ich jedoch nicht, wem noch ... ein solcher Elefantenstoßzahn hätte Freude bereiten könnte. Ein Mäzen recherchierte erfolgreich auf's Geradewohl. 

Der Kornel-Freund mit archäologischer Ader, trug einem kompromisslosen Bokken Verehrer an, es doch mal mit der Kornelkirsche zu versuchen. Tischlerware konnte noch im Kiever Raum zeitnah angefertigt werden und schlug sich bereits tapfer. Zur Zufriedenheit aller Beteiligten. 

Manche Dinge fallen einem Dritten eher auf, als jemanden der sich nur noch mit einem einzigen Material beschäftigt. Falls das Experiment schief gehen sollte, hatte ich alt abgelagerte Kornel, wie gewachsen, angeboten. Für den Notfall ... zwecks Ehrenrettung. 

FILM BOKKEN

FILM BOKKEN

Rohling

Eigentlich eine der ausgesuchtesten Wachstumform für den Ziegenhainer. Vorbehalten zwei ganz besonderen Gästen meiner Website ... zum gewinnen tiefgehenderer Erkenntnisse, dafür säge ich ihn demnächst auseinander. 

Sehr schön zu sehen die natürliche Wuchsform. Stamm und Ast sind bis in die Tiefe miteinander verwachsen. Die Wachstumslinie über alles, sie verläuft zur Eroberbfläche S - Kurven förmig. Sehr typisch für die Kornelkirsche. 

Behält der Ast über eine große Länge eine gleichbleibende Stärke, dann hat das Holz mitunter zusätzlich tragendes Material aufgelegt. Manchmal entsteht so ein Naturbokken mit dem gewünschten ovalem Durchmesser.  

ROHLING

ROHLING

Schliff

Nach der groben Formgebung der erste Schliff. Gut zu sehen, das Zugholz an der Oberseite. Die Jahresringe sind an der Unterseite kaum erkennbar, so eng sind diese. Sie werden der Schlagunterkante zugordnet.

Das Holz wurde während der Fotopause gewässert. Die transportable Werkbank, Tagsüber im Schatten stehend, wird gerade noch so vom Nachmittagslicht angestrahlt.

SCHLIFF

SCHLIFF

GEWÖLKT

Auf unserem Gartentisch das vorläufige Endergebnis einer kleinen Versuchsreihe. Etwas habe ich wieder gelernt. Tischlerarbeit ist nicht meins. Mir fehlen an diesem Stück die Knoten, Wulste, Muskeln und Wellen in Holz. Es ist zu wenig organisch. Nur wer genau hinguckt wird feststellen, das hier frei Hand gearbeitet wurde. Mindestens einen Buckel hätte ich stehen lassen müssen. Den der wie Ankerseil das kleine Seitenästchen auf der anderen Seite umwachsen hatte. Doch da ich auf das Material vertraue, geht es jetzt nun zu Testzwecken heraus. Lassen wir uns also überraschen.

GEWÖLKT

GEWÖLKT

FEEDBACK

I have been using the fire-hardened cornus mas bokken. It is absolutely marvelous. Again, the wood, like dogwood, takes a silken finish. There is no shock to the hands - it absorbs impact very well. And it feels quite alive - some woods, like ipe, truly are “iron-wood” - it is not that they are heavy, per se, but they feel more like a piano leg than a wooden sword. And, unlike the “raw” cornus mas, no dents so far in the wood. Thank you very much. It’s wonderful. Ellis

The test results :

https://www.zaimoku.org/home/excellent-woods-for-high-impact-practice-within-japanese-martial-arts/

FILM - YARI

Der sehr freundliche Shihan hatte den Wunsch geäußert, seinen Yari mit Kornelkirsche zu besetzten. Er mag die Urigkeit des Holzes. Um japanisches Schmiedehandwerk mit meinen Holzansprüchen zu verbinden ... es sind bereits sechs Monate vergangen ... ein herantasten. Die Ellenlange Angel in Kornelkirsche haltbar zu plazieren, eine Herausforderung.

YARI

YARI

Angel

Die Angel, sie ist 47 cm lang. Sie einzusetzen ... bis dato wurden bereits mehrfache Schritte unternommen sie einzusetzen. Die unterschiedlichsten Lösungsmuster blieben lediglich unkomfortable Ansätze. Bohrer, Brenner und Fräser ... gute Lehrer, mehr ist's noch nicht der Zeilen wert.

Angel

Angel

ZWINGE

ZWINGE

ZWINGE

Das ist ein schrecklich schöner Bronceguss. Hergestellt im Wachsausschmelzverfahren. Ein Drehteil wäre sicher schneller und preiswerter gewesen. Leider passen Materialien aus den gängigen Rotationverfahren nicht so recht an das Kornelholz. Zu modern eben. Ist jedoch nur ein Bauchgefühl meinerseits. Handgeschmiedeten Stahl kann ich entsprechen auf das Holz warm anpassen. Doch Eisenhaltiges rostet nun mal irgendwann vor sich hin. Die Idee war, Bronce zu nehmen. Und eine Form zu entwerfen die dazu passt. Mehrere Entwürfe am Holz waren dazu notwendig. Dabei wurde mit dem Wachs die Holzkontur aufgenommen und mit Materialzugaben oder Abnahmen die Optik aller Teile angepasst. Solange bis es gut war und nach drei Tagen fertig liegen lassen immer noch gefällt ...

BERGSTOCK

Pilgerstab

PILGERSTAB

Dies sollte eigentlich ein Wanderstab fürs Gebirge werden. Leider etwas zu kurz dafür. Sollte trotzdem was Schönes werden. Eine kleine Aufmerksamkeit meinerseits, für den gestandenen Tiroler, welcher mich mehrfach mit seltener Literatur aus Antiquariaten versorgte. Mit nicht gerade geringen Mitteln aus eigener Tasche. Was wichtig, jedoch nicht erstanden werden konnte, wurde mir per Digitalisierung zugänglich gemacht.

Im Bild die überwachsenen Knoten müssen hier zum Teil erst noch herausgearbeitet werden. Einmal um Gewicht zu verlieren und zum anderen die optische Urigkeit zu erzielen, welche dem Holze grundsätzlich zu eigen ist. Der Schnitzer sollte sie nur sehen können bevor er sich an die Bearbeitung heranwagt. Das dicke Ende hier, mit etwa fünfzig Millimetern Durchmesser, war nur noch allein mit der hydraulischen Werkstattpresse beherrschbar. 

Schliff

Schliff

Schliff

Das Blütenweiße Holz wurde zur Sicherheit, wegen der starken Sonneneinstrahlung vorgenässt. Sichtbar ... mehr Geradigkeit geht nun wirklich nicht. Die Wechselseitigen Knoten ... sie reihen sich, wie auf einer Korallenkette aneinander. Ich mag diese Kurvigkeit der Kornelkirsche sehr. Die Astansätze welche im Laufe der Zeit am oberen Ende überwachsen waren, wurden aus dem Vollem herausgearbeitet. Warum diese so tief im Holze verankert sind ? Es sind vom ersten Astansatz an, bereits rund vierzig Jahre vergangen. Wer das Wachstumsregelement besser verstehen will, mag sich mit der Literatur von unserem gewichtigsten Holz Autoren, Prof. Dr. Claus Mattheck intensiver auseinandersetzen. Er hat sein überaus gefragtes Fachwissen ... Auflagenweise wie Bioverfügbar publiziert.

ZIEGENHAINER

ZIEGENHAINER

ZIEGENHAINER

Dies wird ein Präsent für den Eskrimadore par exellenze. Dreiunddreißig Millimeter im Durchmesser das Wunschmaß. Der Rohling hat einen Durchmesser von vierzig Millimetern. Ab dieser Stärke ist es beinahe unmöglich, das gedämpfte Holz per Hand in eine gerade Bahn zu lenken. Zur Abnahme wäre die Rindendicke mit etwa zwei Millimetern zu berechen und das Cambium, die Wachstumsschicht mit einem weiteren Halben. Das macht zusammen Fünf. Ringsum verbleibend die Auflage in der Stärke eines halben Streichholzes. Für die endliche Bearbeitung muss das ausreichen. Sogenannte Schnitzer sind hier zu unterlassen. Kleine Bearbeitungs Kratzer sollten es bei wenig Druck auch bleiben und die Schleifkörnung dabei nicht zu grob gewählt werden. 

STEFAN BORN

STEFAN BORN

STEFAN BORN

In den knapp 50 Jahren meiner Kampfsport- und Kampfkunst Beschäftigung, wo der Stock in den letzten 3 Jahrzehnten eine besondere Rolle in meinem Leben einnahm, habe ich noch nie solch ein Prachtexemplar in den Händen gehalten. Weshalb ich dessen besonders stolz bin. Es steckt hier in dieser Arbeit des Ziegenhainer nicht nur handwerkliches Geschick drin, sondern auch Herzblut und Liebe im Detail. Michael, vielen lieben Dank dafür.

Drei Stenze

Drei Stenze

Drei übliche Wanderstöcke der hiesigen Handwerksburschen. Der korkenzieherartige Wuchs, oft kurz über dem Boden beginnend, ist grundsätzlich rechts herum gedreht. Verantwortlich für die Wucherung ist das wilde Wald-Geißblatt. Die kultivierte Gartenversion davon wurde im Volksmund als "Je-länger-je-Lieber" bezeichnet. So umrankte das Gewächs einst malerisch weissagend die Hochzeitslauben.

Es gibt eigentlich kein junges Holz was sich von umwindenden Schlingpflanze retten könnte. Hier sind es zwei Stämmchen vom Faulbaum und dem einer Buche. Die gewedelten Stöckchen kamen als Gastgeschenk. Ein befreundeter Nimrod wie Stockfreund brachte sie mir aus einem herrschaftlichen Jagdgebiet als Gastgeschenk mit. Lange wusste ich nicht wem ich damit hätte beglücken können.

Bei den wandernden Gesellen sind solche Prachtexemplare für drei Jahre und einen Tag ein absolutes Muss. Anfangs roh belassen wird dieses Statussymbol oft nach und nach kalendarisch mit Schnitzereien übersät. Diese drei Schönheiten wurden weitgehendst in die optische Achslinie gebogen und mit einer nordischen Schutzlasur überzogen. 

Drei Urziegenhainer

Drei Urziegenhainer

Die angehenden Jenaer Akademiker nutzten so einen Stock jeweils als drittes Bein für die Hangabfahrt in einem Felsendurchbruch. Die steil abfallende Muräne mit heiler Haut zu bestehen galt als Mutprobe. Dabei wurde sich mit dem dicken Ende rücklings gegen die Schotterpiste abgestützt. Die markante Stelle ist heute mittels jeder Wanderkarte leicht zu auffinden. Der Eintrag laute bezeichnender weise Studentenrutsche.

Entsprechend wurde vom Prüfling fortan der Ziegenhainer wie ein markiger Prügel mit dem dicken Ende nach unten geführt. Ein Erkennungsmerkmal unter den Insidern. In den alten Lexika wäre dies als ein seltsames Verhalten unter unter einem unerklärten Vermerk nachzulesen. Nämlich, dass die Jenaer Studenten ihre Stöcke in merkwürdiger Weise mit dem dicken Ende nach unten tragen würden.

Rein technisch nutzt sich das dicke Ende bei einem Holze ohne Metallbeschlag weniger ab. Doch das spielt bei der schlagzähen Kornelkirsche eher ein untergeordnete Rolle. Bedarf es bei solch waghalsigen Unternehmungen doch eher eine größere Reibungsfläche zum bremsenden durchpflügen. Diese veraltete Technik erlebt heute bei den modernen Alpenstangen aus Kohlefaser eine Renaissance. 

Alpenstangen

Alpenstangen versus Saufederschaft

Keine Ahnung wie es gedauert hat solche Prachtexemplare gerade richten zu können. Um so bitterer wenn solche geschrottet werden. Dies ist mir mehrfach bei diversen Biegeversuchen tatsächlich passiert. Auch haben nicht wenige Dummies aus anderen Hölzern  dran glauben müssen.

Ein neues Dampfrohr konnte endlich zusammen geschweißt ausprobiert und nachgerüstet werden. Das feuerfeste Edelstahlrohr der Räucherei stand Pate. Heute liegend. Ständige Wasserzufuhr. Kurzzeitig eingesetzte Manometer und  Temperaturmesser zwecks Begutachtung des Geschehens.

Hintergrund für die Langversion der Anlage waren eigentlich das Liebäugeln mit dem Bogenbau und das vorgesehene Einschäften von einer historisch angehauchten Saufeder. Handgeschmiedet. Das wunderbare Präsent eines Freundes.