Meine Korrspondens nimmt täglich nicht wenige Zeit in Anspruch. Einige Artikel sind höchst interessant, ebenso zugesendete Bilder. Letztere können oft für sich selbst stehen. Mit Einverständnis und in Absprache soll hier nicht nur das eine oder andere Stück gezeigt werden, sondern eventuell auch eine Anekdote dazu. Den Anfang hier machen einige sizilianische Stöcke. Sie wurden geschaffen aus wild wachsender Orange (hellbraun-orange), Mandel, Olive und aus Zürgelbaum (hellgelb).
"Einer dieser wirklich hübschen Stöckchen hatte den herbeigeholten ortsansässigen Fotografen in eine derartig große Freude versetzt, dass er den einen Stab der ihm besonders gefiel ohne weitere Umstände gleich sein Eigen nennen durfte. So eine kleine wie doppelte Freude ist unbezahlbar und bleibt ein Leben lang in den Erinnerungen haften."
" Ein gar nicht so kleiner Überblick zum Paketinhalt: zunächst mal ist der Fechtstock einfach grandios. Er ist nicht nur mit Abstand der hübscheste, sondern auch in Sachen Gewicht, Balance, Wucht und Vibrationen in Summe der beste Vertreter seiner Art, den ich bisher in Händen halten durfte. Durch die Kombination von Gewicht und Balancepunkt sind alle einhändigen Führungsvarianten – Säbel, Shillelagh (Griff im unteren Drittel) und Knobkerrie (Griff an der Spitze) ohne weiteres möglich, und durch die Knoten, den leicht unregelmässigen Querschnitt und das Finish rutscht der Stock nicht, und er dreht sich auch nicht in der Hand. Oberflächenfinish und Griffform sind spitze, letztere liegt in der Hand wie ein spätmittelalterliches «Langes Messer» und gibt der Hand einen positiven Rückhalt, ohne die Mobilität des Handgelenks zu beeinträchtigen. Als kleines Plus kann man den Stock über den «Vogelkopf»
(so heisst der Knauf am Langen Messer tatsächlich) bei nicht-Gebrauch sogar an den horizontal gehaltenen Unterarm hängen, sodass er bei Absenken des Handgelenks verbunden mit leichter Rotation von selbst in die Handfläche fällt – eine gewickelte Fingerschlaufe hat er aber dennoch bekommen.
A propos Spitze, nach den jüngsten Erfahrungen halte ich den sehr dezent angebrachten Messingnagel gar nicht mehr für eine schlechte Idee, gerade in Kombination mit dem Birkenteer: so kann man die ganze Sache einfach erwärmen und es haftet wieder, ohne dass man Gefahr läuft, die Spitze zu verlieren. Und die Farben vom «altdeutschen Brand» glühen ja geradezu. Ganz, ganz grosse Spitzenklasse, Du hast Dich wieder einmal selbst übertroffen."
Dr. Elias Flatscher
Basel am 16. September 2022
RENAISSANCE Fotos: Philipe Saurbeck, ABBS.
RENAISSANCE
«Zwei Klüpfel aus Kornelkirsche – einer in der «klassischen» runden Form, einer in Hammerform – wurden basierend auf mittelalterlichen Abbildungen angefertigt und der Basler Münsterbauhütte zum Test übergeben. Alle vier ausführenden SteinmetzInnen fanden die Stiele der Klüpfel zu lang, was wieder einmal die Frage aufwirft, ob hier die herangezogenen Abbildungen ungenau sind und/oder inwieweit Präferenzen bei der Verwendung von Werkzeug auch von den bisherigen Erfahrungen beeinflusst werden. Beide Testklüpfel wurden aufgrund des geringen Durchmessers von 8 cm (zum Vergleich: moderne Steinmetzklüpfel aus Hainbuche haben häufig 18 cm Durchmesser) als zu leicht eingestuft. Der runde Klüpfel wurde aber für das Herausarbeiten von Details und Anbringen von Schrift für tauglich erachtet, der Holzhammer dagegen eher für Pflasterarbeiten. Das Verhalten der Klüpfel in der Hand bei der Bearbeitung von Sandstein wurde als «wenig elastisch nachgebend» beschrieben, die Haptik des polierten und geölten Stiels als angenehm. Kurzfassung basierend auf internem Bericht vom 21. März 2023, mit freundlicher Genehmigung der Verfasserin Dipl. Rest. Bianca Burkhardt, Stiftung Basler Münsterbauhütte, St. Alban Tal 43, CH-4052 Basel»
Dr. Elias Flatscher
Basel am 19. Mai 2023