Die Ziegenhainer Stöcke wurden im Jahre 1798 von Ernst Gundermann (* Weimar) gemacht.
Die Stöcke wurden vom Herlitzenstrauch (Kornelkirsche , Cornus Mascula) abgeschnitten und mit
der Schale in den Ofen des Brauhauses gesteckt. Hier wurden sie auf einem vorgelegten Scheit Holz immer herumgedreht, und zwar an beiden Enden, bis die Schale absprang und die Stöcke die gewünschte braune Farbe erhalten hatten. Dann wurden sie in dem vor den Brauhause befindlichen Wasserbehälter geworfen und von der noch daran hängenden Schale befreit. Die Knoten wurden
sauber abgeschnitten, die Stöcke gerade gebogen und, um sie geschmeidig zu machen, im Keller aufbewahrt. In den Jahren 1815 – 1817 hat mancher Einwohner Ziegenhains 500–600 Taler mit ihnen verdient. Die meisten Geschäfte machten Wilhelm und Ernst Kahle. Große Mengen von diesem Herlitzenholz wurden aus der Gegend zwischen Freyburg a.d.U. und Stadtsulza sowie von Frankenhausen beschafft. Das Dutzend oft mit zwei Talern, ja ein einzelner sehr starker Stock mit
drei einzelnen Kopfstücken (1) bezahlt. Vorzugsweise wurden sie von Studierenden getragen,
und auf allen Hochschulen Deutschlands waren sie zu finden. Altes und Neues aus der Heimat,
Ernst Piltz im Jahre 1829.
Der allererste Versuch von mir, das widerspenstige Holz unter Dampf zu biegen. Hier im Bild in wahrlich zierlicher Dimension. Diese Ziegenhainer Stöcke wurden von mir lange Zeit als eine, na ja ... eher überzogene Spielerei belächelt.
Vor ein paar Jahren bekam ich eine schwere Lungenentzündung und war nahe dran mir DIE Telefonnummern bereitzulegen, um mich ringsherum anständig verabschieden zu können. Wo gab es die beste Luft, natürlich im Wald. Bin jeden Tag den Wald gegangen. So gut es eben ging.
Da ich über ein paar abgefahrene Kornelkirschen Äste stolperte, griff ich dieses Thema auf. Die Äste sahen so bizarr aus, dass niemanden jemals eingefallen wäre, so etwas auch nur als Brennholz zu verwenden. Mit den krummen Dingern stellte ich mich dieser Herausforderung. Vielleicht der Letzten. Ich konnte eh nichts Besseres tun. Das erste Dutzend Stöckchen ging bei den Versuchen kaputt. Ich blieb. Vielleicht ein guter Tausch.
Eine Art Herold durfte nur mit einem derartigen Ziegenhainer-Zepter in den Händen Herausforderungen antragen. Zwischen den Mitgliedern der schlagenden Verbindungen reichte jedoch auch aus,
eine Spitze Bemerkung zu machen. Diese wurde als offene Beleidigung empfunden. Den Händel
unter Ehrverlust nicht auszutragen, undenkbar.
Für DEN historischen Ziegenhainer wurden bereits Beträge angeboten, die jede Frau eines Stockliebhabers in Ohnmacht fallen ließe, wenn sie jemals die Summe erfahren sollte.
Die dazu wohl unglaublichste aller Sammlergeschichten hört sich der interessierte Leser
am besten als Gast, am Ort des besagten Geschehens selbst an.
Es geschah in der örtlichen Traditionsschänke "Zum Ziegenhainer" im historischem Bierdorf Ziegenhain bei Jena. Im Eingangsbereich des Wirtshauses sind einige historische Ziegenhainer in Vitrinen ausgestellt und eine ganze Anzahl wurde an den Wänden vorsichtshalber, fest angeschraubt. Die sehr herzliche Wirtsfrau ließ es sich nicht nehmen, diese Geschichte dem Interessierten zu präsentieren.
Diese zierlichen Ziegenhainer sind als leichte Fechtstöcke und für das regelmäßige Training gefertigt worden. Ihre modernen Dimensionen wurden in Zusammenarbeit mit zwei wunderbaren europäischen Fechtschulen entwickelt. Einer deutschen und einer aus Italien. Ihre geforderte Länge beträgt 950 Millimeter und der Durchmesser 22 Millimeter. Diese Stöcke sind sehr schnell und steif. Ihre hohe Material Flexibilität macht sich mit zunehmender Belastung drastisch bemerkbar. Sie schlagen dann zweimal zu.
Außerhalb Ziegenhains traten nicht wenige Stockmacher Manufakturen auf den Plan. Die heimischen Hölzer wurden knapp. Nun musste importiert werden. Aus Ungarn wie Galizien wurden rohe Kornelkirschenäste Wagenweise geordert. Dieser Stab hier erlebte seine Geburt noch zu des Kaisers Zeiten in der Stockfabrik Zitzmann zu Eisenberg. Mir wurde er freundlicherweise aus einem nahen Familienbesitz übertragen.
Mit der Sherlock Holmes Verfilmug von 2009, wurde Bartitsu, die Gentleman Art der Selbstverteidigung, einer breiteren Öffentlichkeit sehr schmackhaft gemacht. Damit erlebten diese alten Stücke eine kleine Renaissance. Mangels Material trainieren Freunde des Bartitsu zum Teil tatsächlich mit den alten historischen Stücken. Beziehungsweise flanieren mit ihnen als Acessoiere in historischen Kostümen.
DIE ZIEGENHAINER STÖCKE
Den Knüttel weiß der Bursch zu tragen,
und schwingt ihn freudig in die Luft,
Denn, Brüder, nehmt den Stock zur Hand,
Mit Licht gemischt ist sein Gewand.
D'rum, Brüder, schauet, unterbricht,
Das ernste Schwarz des Stabes Licht.
Des schönen Stabes schönste Zier,
Seht, rothe Namen prangen hier.
Er keimt aus deutschem Grund hervor,
Nicht gleich dem fremden, morschen Rohr.
Dem Ziegenhainer kommt nichts gleich,
An Stärke in der Haine Reich.
Aus "Die Ziegenhainer Stöcke",
von Benedikt Waldeck im Juli 1819
Im Bild die Künstler Ansichtskarte von Georg Mühlberg, Studenten mit ihren Stöckchen beim Renommierbummel. Die Mensurnarben sind dabei alles andere als störend. Es gibt diese und ähnliche Postkarten ab fünf Euro auf E-Bay zu ersteigern.
In Bierlaune kam es schon mal vor dass sich die Studenten mit ihren Ziegenhainern im Biergarten auf dem Marktplatz duellierten. Laut Überlieferungen war das sehr ansteckend. Das muss ganz schön geknallt haben. Das Holz klingt beim Aufschlag nahezu Ohrenbetäubend. Der Student konnte über den Durst getrunken ... seine Geldbörse liegen lassen, schwach geworden ... ohne Kleidung aus einem fremden Schlafzimmer flüchten ... seinen Ziegenhainer gab er auf gar keinen Fall auf.
Was die Trinkfestigkeit angeht, der goggle mal nach den Biernägeln. Ohne triftigen Grund würden diese nie erfunden worden sein. Sollte sich sich jemand an den Textinhalt, der Verteilung potentieller Gene stören, gehe bitte in die Museumsschänke der Göre auf dem Marktplatz in Jena und ließt bitte eine recht drastischere Darstellung an der rechten Wand. Dies prangt dort unübersehbar in wunderschönem Sütterlin.
RENNOMIERBUMMEL
Aus dem Hintergrund des asiatischen Kampfkunstsportes heraus, entstanden einige schwerere Ziegenhainer. Im Bild links der Ziegenhainer welcher auf Wikipedia zu finden ist. Er hat auf dem dortigen Premium Foto eine phantastische Ausstrahlung. Außer als solider Zunftstab in schwerem Gelände, diente er gleichzeitig als Zeltstange für einen flachen Planen Unterschlupf. Der sogenannten Schildkröte.
Natürlich passen zu solch schwerem Gerät nur die entsprechend dimensionierten Bergstockspitzen. Dies werden entsprechend dem Konus auf die Holzstärke von mir angepasst. Die dafür schönste und handgeschmiedete Bergstockspitze, lieferte hier die Firma Wildaustria. Im Original war sie deutlich länger, unten achtkantig ausgeformt und brüniert. Sie wurde entsprechend per Hand historisiert.
Diese Holzkiste ist handgefertigt und diente
einst zur Aufbewahrung der Kohlen. Sie stand gewohnheitsmäßig in der Küche neben der Küchenmaschiene. Ein Monstrum aus Ziegelsteinen mit Gusseisernen Ringen. Stets
war diese Kiste ein beliebter Sitzplatz von Besuchern und uns Kindern. Dass manch Großvater darin sein Sparbuch oder Bares verwahrte, wurde filmisch umgesetzt. Vielleicht daher auch umgangssprachlich das Wörtchen Kohle für Geld.
Links im unterem Viertel am Bildrand über dem angedeuteten Feuerkelch springen eben die ersten Blüten von einem Kornelästchen auf. Das erhaltenswerte Monument wurde als Sinnbild gestiftet.
Es heißt "Der sterbende Löwe" und steht in neunzig Metern Höhe über der Saale. Der Insider weiß
um die Inhaltsschwere Bedeutung. Leider hat sich der politische Kontext, die Zahl der Speere,
welche in Verhältnis zum Inhalt unter dem Tier angeordnet wurden, nie abgenommen.
DENKMAL
Ein Ziegenhainer ist die erlaubte und damit die wahrscheinlich eleganteste Lösung, was Mann als
Wehr bei sich tragen könnte. Diese hübsche Lebensversicherung macht auch stets einen sehr guten Eindruck bei entsprechenden Gästen im Entree des Wohnbereiches. Mit diesem Kulturgut an den einschlägigen Pilgerstätten Flagge zu zeigen, das hat etwas.
CILL CHRIOSD