Zwei Löwen

19. Dez, 2021

Zwei Löwen

Ein ganz Großer unter den Stockfreunden nennt eine bestimmte Sorte von Kampfessicheren Stöckchen ... Löwenschwänze. Dieser Anregung folgend, hier eine Allegorie des Seneca, frei nacherzählt. Dem Publikum sollte ein Schauspiel geboten werden. Ins örtliche Amphitheater wurde ein Löwe hereingetan. Gezähmt, gestriegelt und gut ernährt. Kurz definiert, mehr einem übersättigtem Haustier ähnelnd. In allem rundum gut versorgt, übersättigt und langweilig. Ein generelles Luxusproblem.

Ein zweiter, ungebändigter Löwe, welcher eben noch mit seinem Harem in der afrikanischen Savanne residierte, wurde in die Arena entlassen. Dieser betrat knurrend die freie Fläche. Im Anschein seines Gegners wurde brüllend die zottelige Mähne aufgestellt und der Schwanz wie eine trotzige Feder gespannt. Der Kitzel dieses Tieres ließ den Zuschauern bereits das Blut in den Adern pochen.

Was für ein beeindruckendes wildes Geschöpf der Natur im Gegensatz zu der zivilisierteren Kreatur. Der erstere Löwe, so eine Art Ego Booster seines Besitzers, schon fast in Vergessenheit geraten. Der Ausgang eines möglichen Zweikampfes, er stände schon im vornherein fest. Die erschreckende, wie unberechenbare Wildheit ist schlichtweg zu ehrfurchtgebietend. Lebensbedrohend für das Haustier, wenn nicht mit Unterwürfigkeitsgesten zu beschwichtigen wüsste. Seneca drückt sich in etwas so aus: "Der leidenschaftliche Terror, den der Wildfang auslöst, macht die Essenz seiner ultimativen Anziehungskraft aus.